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Die
traditionelle
Musik der Philippinen
Wenn
man bedenkt, daß zu den Philippinen über 7000 Inseln
gehören, ist es interessant zu sehen, daß sich die aktuelle
Musikforschung bisher vor allem auf die Inseln Cebu und Mindano
konzentriert hat. Dabei sind die diversen, über viele Inseln
verstreuten ethnischen Gruppen, die man “Aeta” nennt, auf
jeden Fall eine eigene Betrachtung wert.
Dort kann man neben den interessanten vielfältigen Bootslauten (siehe nächste Kapitel) diverse Röhrenzithern vorfinden, zum Beispiel die Padang der Bagobo auf Mindanao, oder auch die zweisaitge Fidel Dayuday, die an ähnliche Bauformen von Spieß- und Kniegeigen in Südostasien denken lässt, und mit ihr hohem nasalen Klang in vielen Ensembles die Melodiestimme führt. Grundsätzlich findet man überall Ensembles, die sich dem Indonesischen Gamelan annähern, was sich vor allem im Kulintang Gongspiel zeigt, denn im Zentrum der Musik der Philippinen steht das Kulintang-Ensemble. Es besteht aus dem namensgebenden Melodieinstrument Kulintang, einem Set aus 8 aufgereiten Gongs, wie man es in veränderter Bauform auch in den Ensembles in Thailand und Kambodscha findet. Begleitet wird es von den Gongs Agung und Babendil, dem Gongset Gandingdan und der Trommel Dabakan. Diese rhythmisch zentrierte Instrumentierung erinnert vorrangig an das indonesische Gamelan. Die Gongs stehen wie in ganz Asien für Reichtum und Ansehen des Besitzers. Funktional zwischen Rhythmus-, Signal- und Melodieinstrument eingegliedert, zeichnen sie eine eigenständige Struktur in die Philippinische Musik. Was die Philippinen aber von anderen Regionen Südostasiens unterscheidet, ist die Vermischung traditioneller Musik mit Einflüssen aus der Arabischen Musik und Europäischen Musiktraditionen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die lokale Spielweise der arabischen Laute Oud, die eine eigene Literatur auf den Philippinen entwickeln konnte. Touristen fällt schnell auf, wie viele Spanisch klingende Namen auf den Philippinen anzutreffen sind. Dazu sind aktuell noch etwa 80 Prozent der Bevölkerung katholisch. 1521 kamen die ersten Missionare auf die Philippinen, und nur wenige Jahrzehnte später waren bereits überall Kirchen, Klöster und Schulen gebaut, und dort wurde natürlich die entsprechende Säkularmusik weiter gegeben, vom Gregorianischen Gesand bis zur barocken Polyphonie. Die Spanischen Missionare hatten die Gitarre mitgebracht, aber auch andere zu der Zeit gängigen Instrumente, wie beispielsweise die Viola da gamba. Lokale Instrumente wurden ebenfalls gerne liturgisch genutzt, und die Missionare sprachen sich wohlwollend über den Lerneifer ihrer Schüler aus, und sie tolerierten großzügig die Vermischung lokaler Geister und Dämonen mit der Gottesmutter Maria, wie man heute noch im “Kagong” Ritual in Banaan sehen kann. In Liedern und Prozessionen wird das Leben Jesu Christi besungen und auch nachgespielt, zum Beispiel bei der “Senaculo” Prozession. Professor Corazon Canave-Dioquino nennt als Beispiel für diese Vermischung das Nachspielen der Suche von Josef und Maria nach einer Herberge, was man als Prozession “Kagharong” oder “Pananawagan” nennt. Ausgehend von den Großstädten wie Manila verbreitete sich nicht nur die Säkularmusik, sondern auch Militärmusik oder gar Europäische Volksmusik. Im “Rondalla” Ensemble spielen auch heute noch Zupfinstrumente eine Polka, oder versuchen, eine Polnische Mazurka zu imitieren. Die Spanischen Missionare waren auch die Ersten, die über loake Musiktraditionen und deren Instrumente berichteten. Eine wirkliche musikwissenschaftliche Aufarbeitung hat aber erst vor etwa 50 Jahren begonnen, und fragt seitdem beständig, was nun “authentisch” zu den Philippinen gehört, und was von außen stammt. Das gestaltet sich jedoch als schwierig, und zwar aufgrund der schlechten Dokumentationslage. Wenn z.B. das bekannte Liebeslied “Kundiman” ganz “klassisch” der Europäischen Liedform folgt, ist es dann noch “traditionell Philippinisch”? Was gilt als “einheimisch”, was als “von außen”? Gerade in den vielfältigen Liedern, ob solo gesungen oder mit Instrumentalbegleitung, kann man inzwischen eigentlich eine solche Trennung nicht mehr vornehmen, da die Vermischung bereits seit Jahrhunderten besteht. Man kann höchstens versuchen, lokale Unterschiede auf den verschiedenen Inseln hervor zu heben: Während auf den nördlichen Inseln expressive Pausen und rhythmisierte Vokale bevorzugt werden, wurde im Süden der Gesang durch den Islam geprägt und zeichnet sich durch lange Phrasen, Melismen und die typisch tremolierende Stimme aus. Nicht selten kennen auch die Volksgruppen eigene Liedformen, wie zum Beispiel das “Bayok” der Marano, das aus der Musik eine eigene Sprache erzeugt und daraus den “Darangen” Epos entwickelte. Seit 1898 wurde auch der Amerikanische Einfluß in der Musik der Philippinen immer größer. Die dortige neoklassizistische Strömung brachte spätestens ab 1930 das Sinfonie Orchester nach Manila, und heute gehören in den Großstädten klassische Konzerte und Opern zum Alltag, ebenso wie die Pop- und Rockmusik und natürlich der Jazz. Wie fast überall in Südostasien ist Karaoke weit verbreitet, Thai und Korea Pop ist beliebt, und die jungen Leute interessieren sich eher für westliche Musikinstrumente wie das Klavier, die Gitarre oder auch die Geige. Da der Ekklektizismus seit Jahrhunderten fröhlich allerlei Einflüsse in den Musikkulturen vermischt, könnte man auch behaupten, daß jede Musikform, die älter als die letzten vier Generationen ist, bereits als traditionell “Philippinisch” bezeichnet werden könnte, auch wenn die Wurzeln einst eher in Europa, dem Islam oder USA lagen. Generell lässt sich feststellen, daß sowohl im Bereich der aus Europa adaptierten Musik, als auch im Bereich der Musik der ethnischen Minderheiten reizvolle Kontraste entstehen, die sich gegenseitig durchdringen und so zu einer eigenständigen Musikkultur auf den Philippinen führen. |